Vollformat-Objektiv auf APS-C Kamera. Was muss ich beachten?
In letzter Zeit wurde ich im Rahmen meiner Immobilienfotografie Seminare von meinen Kursteilnehmern immer wieder gefragt ob man Objektive für Vollformat auch auf APS-C Kameras nutzen kann und was man genau mit dem Crop-Faktor umrechnen muss?
Kurz und knapp: Ja! Man kann Vollformatobjektive an APS-C Kameras problemlos nutzen. Und Nein, es muss nichts umgerechnet werden.
Doch weshalb werden manche Objektive als Vollformatobjektive teuer verkauft, während andere als APS-C Objektive deklarierte Optiken preislich oft günstiger sind. Wo liegt da der Unterschied und was hat es mit dem Crop-Faktor auf sich?
Zunächst einmal sollte man sich von dem Crop-Faktor nicht verwirren lassen, daher lasse ich den erst einmal beiseite. Die Brennweite auf dem Objektiv muss nicht umgerechnet werden, ein 50mm Objektiv bleibt immer ein 50mm Objektiv, völlig unabhängig davon auf welche Kamera es geschraubt wird. Der einzige Unterschied zwischen einem Vollformatobjektiv und einem APS-C fähigem Objektiv liegt in der Größe des projizierten Bildkreises. Der Bildkreis entspricht der Fläche, welches ein Objektiv Sensorseitig ausleuchten kann. Der Durchmesser des Bildkreises sollte somit mindestens der Diagonale des Sensors entsprechen. Der Sensor der Kamera sollte somit vollständig im Bildkreis des Objektivs liegen.
Ist der Bildkreisdurchmesser also größer als die Diagonale des Sensor stellt dies kein Problem dar, daher lassen sich Vollformatobjektive (FX) in Kombination mit kleineren APS-C oder Crop- Bildsensoren verwenden. Ist der Bildkreis hingegen deutlich kleiner als der Bildsensor, kann letzterer nicht vollständig belichtet werden und die Bildecken erscheinen im Endresultat deutlich dunkler. Andersherum ist es daher nicht empfehlenswert APS-C Objektive an Vollformatkameras, mit 35mm FX Sensoren, zu benutzen, da mit der starken Vignettierung ein Qualitätsverlust einhergeht. Die einzige Ausnahme besteht darin, wenn die starke Vignette nicht stört oder gewünscht ist. Dies ist beispielsweise bei Circular-Fisheye-Objektiven auf Vollformat der Fall, wenn ein kreisförmiges Bild z.B. für interaktive 360° VR Rundgänge bzw. Panorama-Touren gewollt ist. Aber dies ist zugegebenermaßen ein seltener Spezialfall. Meine virtuellen 360 Grad Rundgänge erstelle ich übrigens mit einer Nikon D850 Vollformatkamera und einem modifiziertem Nikkor 10,5mm f2.8 Fisheye-Objektiv, welches eigentlich für die kleineren Crop-Kameras konzipiert wurde.
Ein APS-C Objektiv an einer Vollformatkamera zu verwenden führt aufgrund der Randabschattung zu schlechteren Ergebnissen. Ein Vollformatobjektiv verfügt über einen deutlich größeren Bildkreis, daher kann es ohne weiteres auf einer APS-C Kamera verwendet werden. Fotografiert man mit einer APS-C Kamera, so wird man auf dem endgültigen Foto nicht erkennen können ob das jeweilige Objektiv (z.B. 50mm Festbrennweite) ursprünglich für Vollformat oder APS-C konstruiert worden ist. Auf ein und derselben Kamera wirkt ein Objektiv mit einer bestimmten Brennweite immer gleich, der Bildausschnitt ändert sich nicht, völlig gleich ab es sich um ein APS-C oder Vollformatobjektiv mit der gleichen Brennweite handelt.
Ein Bild welches mit einem APS-C Objektiv, wie dem AF-S DX Nikkor 35mm 1:1,8G, auf z.B. einer Nikon D5600 Cropkamera aufgenommen wurde, lässt sich auf den ersten Blick nicht von einem Foto unterscheiden, welches aus der Kombination eines Vollformatobjektives, wie dem Nikkor AF-S 35mm f/1.8G ED, sowie derselben Kamera aufgenommen wurde.
Die Größe des Bildkreises stellt den Einzigen Unterschied zwischen Vollformat- und APS-C Objektiven dar. Zusammengefast lässt sich sagen, dass ein APS-C Objektiv auf einer Vollformatkamera zu dunklen Bildecken führt, andersherum lässt sich ein Vollformatobjektiv auf einer APS-C Kamera problemlos verwenden. Allerdings sind Vollformatoptiken oft größer schwerer und teurer. APS-C Objektive sind eigens für kleinere Bildsensoren konstruiert und verfügen somit über einen kleineren Bildkreis, somit sind diese insgesamt kleiner, leichter und auch günstiger. Verwendet man nur eine Kamera und verfügt über mehrer Objektive, darf man sich nicht von dem Crop Faktor verwirren lassen. Dieser findet nämlich absolut keine Anwendung. 50mm bleiben immer 50mm und auf dem Objektiv steht auch immer die richtige Millimeter Angabe drauf! Lediglich kleine Kompaktkameras, Handycams oder sonstige Spielzeuge geben eine umgerechnete Brennweite in mm-Äquivalent an. Meist handelt es sich dabei aber um Kameras bei denen sich die Objektive aber ohnehin nicht wechseln lassen.
Wann wende ich den Crop-Faktor an?
Wechselt man auf einem Kamerasystem die Objektive aus, so spielt der sogenannte Crop-Faktor also absolut keine Rolle. Bei Verwendung von Vollformatobjektiven auf APS-C Kameras muss die Brennweite nicht umgerechnet werden. Der Crop-Faktor kommt erst dann zum Einsatz wenn man die Objektive beibehält, aber die Kamerasysteme austauscht. Ein 50mm Objektiv wirkt auf einer APS-C Kamera anders als auf einer Vollformatkamera. Dies hängt damit zusammen, dass der Bildkreis zwar gleich bleibt, die Sensorgröße aber eine andere ist. Das Wort „Crop“ steht für Beschneiden, da der Bildsensor in einer APS-C Kamera kleiner ist, wirkt das Bild beschnitten und der Bildausschnitt ist somit ein Anderer. Dieser Effekt entspricht in etwa dem digitalen Zoom. Der Crop-Faktor zwischen APS-C und Vollformat beträgt in etwa 1,5 bis 1,6 (bei Canon). Der Bildausschnitt eines 50mm Objektivs auf einer APS-C Kamera entspricht demnach dem Bildausschnitt, welches ein 75mm Objektiv an einer Vollformatkamera hätte. Dies ändert aber nichts an der Tatsache, dass ein 50mm Objektiv immer ein 50mm Objektiv bleibt. Interessant ist diese Umrechnung nur für diejenigen, welche oft zwischen APS-C und Vollformatkameras wechseln, um die daraus resultierenden Bildwinkel miteinander vergleichen zu können. Fotografiert man mit einem 15mm Weitwinkelobjektiv auf einer Vollformatkamera einen kleinen Raum und bekommt diesen gerade noch vollständig ins Bild, so kann man abschätzen, dass man für das gleiche Szenario mit einer APS-C Kamera ein Objektiv mit einer Brennweite von 10mm bräuchte, um alles aufs Bild zu bekommen. Für alldiejenigen die nicht zwischen unterschiedlichen Kamerasystemen hin und her wechseln ist die Umrechnung mittels Crop-Faktor irrelevant.
Neben dem Bildausschnitt hat der Crop-Faktor bei Verwendung desselben Objektivs auf unterschiedlichen Kameras einen Einfluss auf die Tiefenschärfe. APS-C Kameras haben aufgrund des kleineren Sensors eine etwas höhere Tiefenschärfe, während Vollformatkameras über ein höheres Freistellungspotential verfügen. Dies hängt damit zusammen, dass man sich bei Wahl eines ähnlichen Bildausschnittes mit einer APS-C Kamera weiter vom Motiv entfernen muss, um den Zoom-Effekt des kleineren Bildsensors auszugleichen. Durch die höhere Entfernung zum Motiv erhöht sich die Tiefenschärfe bei gleicher Blendeneinstellung. Die Sensorgröße allein hätte ohne die Wahl des Fotografen, einen größeren Abstand zu wählen, selbstverständlich keinen Einfluss auf die Tiefenschärfe. Wenn wir ein Bild in einem Bildbearbeitungsprogramm beschneiden, ändert sich die Tiefenschärfe schließlich auch nicht.